Flaute? Wenig Lust, wenig Wohlgefühl? Dann lesen Sie zur Entlastung erst dies: auch wenn man schnell an die üblichen Verdächtigen denkt, ist meist weder mangelnde Liebe noch der Partner daran schuld. Den größten Anteil haben Stress und das ganz normale Leben. Denn ganz ehrlich: Spannung wie bei den ersten Malen zu bewahren ist unmöglich. Aus Sehnsucht und Neugier wird automatisch Vertrautheit und Wissen, und der Mensch ist rein biologisch nicht ausgelegt für Herzklopfen übers Happy End hinaus. Nach wenigen Jahren wird die körpereigene Euphoriedroge Dopamin angesichts des oder der Geliebten erwiesenermaßen nicht mehr so reichlich ausgeschüttet.
Zugleich sind die Zeiten gar nicht gut für Leidenschaft. Unseren Alltag dominieren echte Feinde der Lust – Smartphones, Stress und Leistungsdruck. Kein Wunder zeigte eine große US-Studie, dass die Häufigkeit der sexuellen Kontakte zwischen 2002 und 2014 etwa um ein Fünftel gesunken sei.1 Die ständige Verfügbarkeit für Nachrichten, Spieler, Serien nimmt uns die Zeit, echte Bedürfnisse zu spüren.
Parallel verzeichnen die Krankenkassen seit 15 Jahren mehr Krankschreibungen aufgrund von psychischen Problemen wie Angst, Überlastung und Depression. Leistung und Perfektion sind alles. Doch Stress kann nicht nur krank machen, sondern die Lust hemmen. Der Stress-Botenstoff Cortisol unterdrückt auf Dauer das vegetative Nervensystem und die Produktion der Sexualhormone, beides wäre essenziell für die Bereitschaft zu Lust und Erregung. Und weil Sinnlichkeit kein Thema mehr ist, nehmen wir uns nicht mehr als sexuelle Wesen wahr. Dabei wäre es doch viel schöner, wir könnten erotische Impulse, Phantasien und ein sinnliches Körpergefühl hegen und pflegen.
Schwierig? Ja. Doch genau hier liegen gute Chancen, die Leidenschaft wieder anzustoßen.
So helfen Sie der Lust auf die Sprünge:
Zeit zu Zweit
Für intensive Nähe braucht es einen guten Draht. Suchen Sie schöne Momente als verbindendes Element dafür: ein paar Stunden Nichtstun ohne die nächste Pflicht vor Augen, ein romantischer Film, ein Wochenende, Kuschelzeit, ein Spaziergang. Idealerweise stellt sich eine Art Flow-Gefühl füreinander ein – die Voraussetzung für lustvolle Nähe.
Zeit ohne Ping und Klick
Leidenschaft braucht Raum und Zeit, um sich zu entwickeln. Überdenken Sie den Umgang mit Handy und Internet im Privaten. Vereinbaren Sie WLAN-freie Zeiten. Die Smarties brauchen einen festen Parkplatz in Küche oder Wohnzimmer. Vielleicht sogar in einer Schublade? Auf dem Tisch einander gegenüber schaffen Sie nämlich Distanz, auch im Schlafzimmer haben sie nichts zu suchen.
Zeit für sinnliche Gedanken
Leidenschaft braucht einen Resonanzkörper. Versuchen Sie, Ihre sexuelle Kraft einmal wieder zu spüren. Überlegen Sie: Was lädt Ihren Körper erotisch auf? Pflegen Sie ihn mit Streicheleinheiten und Massagen. Füttern Sie auch den Kopf mit prickelnden Gedanken, sinnlichen Romanen oder Filmen. Vielleicht helfen Anleitungen für Lust im Alleingang aus dem Netz, erotisches Spielzeug, Gels um sich besser zu spüren? Lustvolle Überlegungen, was macht Sie an einem Mann, am Partner an? Da ist er, der Funke der Leidenschaft. Schüren Sie ihn.
Anfangen statt Abwarten
Lust braucht einen, der anfängt. Es wäre schön, wenn Sie der Liebste einmal wieder umgarnen würde? Vielleicht wartet er ja ebenso verunsichert auch schon lange. Ergreifen Sie die Initiative. Drehen Sie sich am Abend zu ihm, kraulen Sie ihn. Machen Sie ihm Komplimente. Spontane Erregung ist wunderbar. Aber wenn sie nicht aufkommt, ist es auch okay, Erregung zu erzeugen, sich zu stimulieren, um zueinander zu kommen. Finden Sie das zu gewollt, offenbaren Sie dem Partner, wie es Ihnen geht. Sprechen Sie weniger darüber, was fehlt, sondern was Sie sich wünschen, so konkret wie möglich.
In Liebe – sind Sie nun auf dem besten Weg zu bekommen, wonach Sie sich sehnen.
Christiane Kolb, Freie Autorin/ Beraterin/ Referentin für sexuelle Bildung
1Quelle Sex-Häufigkeit: https://www.welt.de/kmpkt/article162730275/Nicht-nur-Millennials-alle-haben-weniger-Sex.html