Esberitox - Ratgeber Ernährung

Futter für unsere Darmbakterien

„Alle Krankheiten beginnen im Darm.“ Hippokrates

Viele naturheilkundlich orientierte Ärzte sind schon seit langem davon überzeugt, dass Hippokrates bereits vor mehr als 2000 Jahren Recht hatte: Unser Darm spielt für unsere Gesundheit eine entscheidende Rolle. In der Schulmedizin wurden solche Ansätze jedoch jahrelang belächelt. Gab es doch keinerlei Beweise dafür, dass unsere Darmflora in irgendeiner Weise auf unsere Gesundheit einwirken könnte. Inzwischen weiß fast jeder, dass es gute und schlechte Bakterien gibt und diese darüber entscheiden, ob wir gesund oder krank sind. Deshalb lohnt es sich, diese Mikroorganismen zu hegen und zu pflegen. Aber wie genau macht man das eigentlich?

Ballaststoffe für die Darmgesundheit.© POLIGOONE / Shutterstock

Als es Forschern 2003 gelang, das menschliche Genom zu entschlüsseln, untersuchten sie auch die Mikroorganismen, die in und auf uns leben, und stießen dabei auf das menschliche Mikrobiom. Also auf die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die uns besiedeln. Die meisten davon sind Bakterien. Und dabei gab es erstaunliche Erkenntnisse: Unser Mikrobiom besitzt beispielsweise tatsächlich mehr Gene als wir Menschen und zwar mehr als hundertmal so viele. Und es verfügt auch über mehr Zellen als wir. Es wurde schnell klar, dass unser Mikrobiom für uns überlebenswichtig ist und großen Einfluss auf uns und unsere Gesundheit hat. Man kann es sogar noch drastischer formulieren: Ohne unsere guten Darmbakterien sind wir schlicht und ergreifend nicht überlebensfähig.

Unser Mikrobiom entscheidet über gesund oder krank

Das menschliche Mikrobiom enthält Billionen von Mikroorganismen. Die meisten davon befinden sich in unserem Darm und bilden unsere sogenannte Darmflora. Die Bakterien, die hier wohnen, haben vielfältige Aufgaben. Sie verwerten nicht nur die Nahrung, die wir zu uns nehmen, sie halten auch Krankheitserreger wie schlechte Bakterien, Pilze und Viren in Schach, sind Teil unseres Stoffwechselsystems, können Vitamine herstellen oder auch kurzkettige Fettsäuren, die sich wiederum positiv auf unsere Darmschleimhaut auswirken, und sie trainieren unser Immunsystem, indem sie die Bildung körpereigener Abwehrstoffe anregen.

Die Forschung steht erst am Anfang und kennt sicherlich noch bei weitem nicht alle Funktionen unserer Darmflora. Aber eines ist bereits jetzt klar: Eine gesunde Darmflora macht uns gesund, eine gestörte Darmflora macht uns krank. Heute werden bereits so unterschiedliche Erkrankungen wie Darmentzündungen, Arthritis, metabolisches Syndrom, Autismus, Allergien oder auch Alzheimer mit einer gestörten Darmflora in Verbindung gebracht. Außerdem entscheidet unser Mikrobiom maßgeblich darüber, ob wir ein starkes Immunsystem haben oder nicht. In Zeiten von Corona ist uns allen sehr bewusst, wie wichtig ein gesundes Immunsystem für uns ist.

Was unserer Darmflora schadet

Ob es uns gut geht oder nicht, hängt also maßgeblich von den Mikroorganismen ab, die in und auf uns leben. Da stellt sich natürlich die Frage, ob und wenn ja wie wir unsere Darmflora gesund halten oder vielleicht sogar gesund machen können. Schließlich will keiner von uns krank werden beziehungsweise krank sein. Tatsächlich tragen wir durch unser eigenes Verhalten maßgeblich dazu bei, ob es unseren guten Darmbakterien gut geht oder nicht. Dabei spielt es zum Beispiel eine Rolle, ob wir uns ausreichend bewegen, ob wir permanent Stress ausgesetzt sind oder auch, ob wir Antibiotika zu uns nehmen.

Antibiotika werden dazu verwendet, Bakterien zu töten. Natürlich wollen wir damit nur den Bakterien schaden, die uns krank machen können. Allerdings können diese Arzneimittel leider nicht zwischen guten und bösen Bakterien unterscheiden. Auch die guten, lebensnotwendigen Bakterien sind betroffen. Die Einnahme von Antibiotika kann eine gesunde Darmflora nachhaltig verändern und zu einer Reduzierung der Bakterienvielfalt führen. Deshalb sollten wir mit Antibiotika sparsam umgehen und diese nur verwenden, wenn es medizinisch unvermeidbar ist. Dabei muss die Einnahme von Antibiotika nicht einmal bewusst passieren. Auch die Antibiotika, die wir tagtäglich über Fleisch und Fleischprodukte zu uns nehmen, schaden unserer Darmflora.

Wir brauchen viele unterschiedliche Bakterien

Neben all diesen Faktoren spielt eine gesunde und abwechslungsreiche Ernährung für die Zusammmensetzung und den Zustand unserer Darmflora eine sehr wichtige Rolle. Eric Martens von der University of Michigan hat es mit seiner prägnanten Aussage über die Darmbakterien auf den Punkt gebracht: „Wenn du sie nicht fütterst, fressen sie dich.“ Das bedeutet, dass unsere Bakterien unsere Darmwand angreifen, wenn sie nicht ausreichend Nahrung kriegen, was dann wiederum zu einem löchrigen Darm führen und uns krank machen kann.

Auch wenn noch nicht alle Geheimnisse unserer Darmflora gelüftet sind, zeichnet sich deutlich ab, dass es gut für uns, unsere Gesundheit und unser Immunsystem ist, wenn unsere Darmflora aus möglichst vielen unterschiedlichen Bakterien besteht. Je einseitiger wir uns ernähren, desto ärmer ist auch unsere Darmflora. Unser Mikrobiom verändert sich nämlich fortlaufend und passt sich unserer Nahrung an. Eine einseitige Ernährung, zum Beispiel in Form von Fertiggerichten führt schnell zu einer verarmten Darmflora, die uns dann in der Folge regelrecht krank machen kann.

Deshalb sollten wir auf Nahrungsmittel, die unserer Darmflora schaden, verzichten. Dazu gehören Süßigkeiten, Weißmehl, Gepökeltes, Geräuchertes sowie Industriefette wie sie zum Beispiel in Margarine, Pommes oder eben auch in Fertiggerichten vorkommen. Problematisch ist es dabei in der Regel nicht, wenn wir ab und zu mal eine Ausnahme machen. Schwierig wird es für uns, wenn die Ausnahme zur Regel wird. Irgendwann schaffen es unsere guten Bakterien dann nicht mehr, die schlechten in Schach zu halten, das Gleichgewicht verrutscht, und wir werden krank.

Darmbakterien lieben Ballaststoffe

Aber was brauchen unsere Bakterien, damit es ihnen - und damit uns - so richtig gut geht? Am wichtigsten sind dabei Ballaststoffe: Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte sollten die Basis unserer Ernährung bilden. (Ich verwende übrigens lieber den Begriff Faserstoffe, da diese weitaus mehr sind als Ballast - ganz im Gegenteil.) Auch Vollkorngetreide enthält reichlich gesunde Faserstoffe. Unsere guten Bakterien lieben sie einfach und fühlen sich pudelwohl, wenn sie so gefüttert werden. Außerdem erhöhen Faserstoffe die Peristaltik unseres Darms, so dass der Nahrungsbrei nicht so lange im Darm bleibt, was sich ebenfalls positiv auf unsere Darmgesundheit auswirkt. Auch wird der Abtransport von Schadstoffen durch eine Kost, die reich an Fasern ist, unterstützt.

Diese vollwertige und pflanzenbasierte Kost kann durch wenig Fisch und noch weniger Fleisch sowie andere tierische Produkte ergänzt werden. Fisch ist aufgrund seines hohen Omega-3-Fett-Anteils eindeutig der Vorzug zu geben. Fleisch dagegen belastet unseren Darm eher. Unser Mikrobiom liebt übrigens auch fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut, Joghurt, Miso oder Tempeh. Sie enthalten von Natur aus Milchsäurebakterien, die unsere Verdauung unterstützen und unseren Darm stärken.

Es ist aber nicht nur wichtig, was wir essen. Für unsere Darmbakterien ist es auch wichtig, wie häufig und wie wir essen. Unregelmäßige Mahlzeiten mögen unsere Mitbewohner zum Beispiel gar nicht. Sie lieben es, regelmäßig gefüttert zu werden. Ideal ist es für uns, wenn wir drei gesunde und ausgewogene Mahlzeiten täglich zu uns nehmen. Auch sollte der Nahrungsbrei, der im Darm ankommt, gründlich vorverdaut sein. Da die Verdauung bereits im Mund beginnt, sollten wir uns für unser Essen Zeit nehmen und alles gründlich kauen.

Starker Darm - starke Gesundheit

Eine Ernährungsumstellung ist zu Beginn nicht einfach. Muss man doch erst einmal auf das eine oder andere lieb Gewonnene verzichten. Aber jeder Schritt zählt. Jede Portion Gemüse, jeder Portion Obst versorgt uns mit wertvollen Vitalstoffen und unseren Darm mit gesunden Faserstoffen, die ihn und uns ein kleines bisschen gesünder machen. Und wenn wir den positiven Effekt erst einmal spüren, fällt uns der zweite Schritt hin zu einer gesunden Ernährungsweise schon viel leichter.

Es ist auf jeden Fall ermutigend, dass wir die Bakterien, die so viel Gutes für uns tun, über unsere Ernährung unterstützen können. Und wenn wir unseren Darmbakterien auf diese Weise täglich füttern, sind diese auch in der Lage, Krankheitserreger wirksam zu bekämpfen. Gleichzeitig sorgen sie dafür, dass wir alle Nährstoffen bekommen, die unser Körper braucht, um gut zu funktionieren und gesund zu bleiben. Unser Darm wird es uns auf jeden Fall danken, wenn wir ihn mit der richtigen Ernährung und einem gesunden Lebensstil pflegen, und uns dafür langfristig mit mehr Gesundheit und Wohlbefinden belohnen.

Ihre Eva Ehehalt (Ernährungsberaterin)